Mobile Instant Messaging: Das ist das Web 3.0
Milliarden von Menschen nutzen mittlerweile Mobile Instant Messaging Apps (Facebook Messenger, Whats App, WeChat, Snapchat etc.). Besonders Facebook setzt auf intelligente Instant Messaging Systeme – kein Wunder – denn Facebook Nutzer verbringen im Durchschnitt 50 Minuten am Tag mit dem Messenger. Doch welchen Einfluss haben diese Player auf das Nutzerverhalten? Diese Frage zu beantworten ist relativ einfach, der Einfluss ist immens, Messenger Apps werden das Web 3.0. Warum das so ist zeige ich Ihnen in folgendem Artikel.
Im Internet der 90er Jahre war die One-To-One-Kommunikation sehr beliebt. Menschen unterhielten sich über ICQ, AOL, MSN Messenger oder ähnliche Chat-Programme. Gegen Ende der 2000er Jahre änderte sich das Verhalten radikal, Facebook wurde weltweit populär und die Kommunikation ging in die Richtung One-To-Many. Die Kommunikation erfolgte nicht mehr direkt zwischen Menschen – nein – man wollte sein Leben mit der ganzen Welt teilen. Es war die Geburt von Social Media – dem Web 2.0 – und es begann die Ära des User Generated Contents.
Mobile Internetnutzung verändert Prioritäten
Anfang der 2010er Jahre begann der Boom des mobilen Internets, Menschen sitzen nicht mehr vor PC’s sondern kommunizieren über mobile Geräte. Die klassische Telefonie und das SMS sind vom Aussterben bedroht, denn die Messenger Apps erobern die Welt der Kommunikation. Mit der Möglichkeit direkt mit einer Gruppe von Freunden zu kommunizieren und der Wiederentdeckung der Privacy und des Schamgefühls nimmt die Anzahl öffentlicher Beiträge auf Facebook und anderen sozialen Medien ab. Der Trend geht zurück von One-To-Many in Richtung One-To-One oder noch besser gesagt One-To-Group. Das Leben wird nicht mehr öffentlich zelebriert sondern mit Menschen aus der eigenen Peer-Group bzw. aus mehreren Peer-Groups (z.B. Schule, Sportverein, Clique) geteilt.
Alles aus einer Hand: Messenger wird zu mobiler Plattform
Nutzer interagieren sehr intensiv mit Messenger-Apps, sie sind einige der wenigen die es auf den Sperrbildschirm des Smartphones schaffen. Apps werden immer seltener installiert, nämlich nur dann wenn sie einen echten Mehrwert bieten. Eine Shopping-App bietet diesen Mehrwert nur, wenn sie als Marketplace dient und damit ein größtmögliches Angebot ermöglicht (z.B. Amazon, EBay) – kleinere Shopping-Apps haben keine Chance. Zahlungsapps werden auch nur dann installiert wenn sie eine größtmögliche Reichweite erreichen (z.B. Paypal). Das gleiche gilt für Hotel-Buchungsapps oder Ähnliches.
In Zukunft werden Messenger-Apps all diese Dienste integrieren, der Nutzer braucht also nur mehr eine App. Damit erhalten auch kleinere Player wieder mehr Zugang zum Kunden und der Kampf um die Nutzer wird neu eröffnet.
WeChat: Der chinesische Alleskönner
Das klingt alles noch weit entfernt, ist es jedoch nicht. Die chinesische Chat-App WeChat kann vieles davon schon, man kann direkt Hotels buchen, Zahlungen durchführen, Autos mieten, Spiele installieren, Tische in Restaurants vormerken, den Arzt-Termin vereinbaren und noch viel mehr. WeChat ist den amerikanischen Mitbewerbern derzeit weit voraus. Geldgeschenke zum Geburtstag z.B. werden mittlerweile hauptsächlich über WeChat gemacht.
In China haben Messaging-Apps traditionell eine weit grössere Bedeutung als in den USA und in Europa. Während in unserem Kulturkreis Instant-Messaging als günstige Alternative zur SMS genutzt werden, hat sich in China die SMS nie durchgesetzt und die Instant-Messengers waren somit von Anfang an – mit Angela Merkel gesagt – im Neuland Internet alternativlos und konnten sich so eigenständig entwickeln.
Facebook Messenger: Künstliche Intelligenz als treibender Faktor
Nutzer, die sich daran gewöhnt haben mit ihren Freunden und ihrer Familie über Chat-Systeme schnell und einfach Nachrichten auszutauschen möchten dies nun auch mit Unternehmen machen. Für Firmen ist diese Art des Kundensupports sehr teuer und aufwändig. Doch künstliche Intelligenz kann hier Abhilfe schaffen. Durch die Vielzahl an Daten und selbstlernende Algorithmen werden Chatbots in einigen Jahren in der Lage sein einen klassischen Support-Mitarbeiter (z.B. den Concierge im Hotel, den Telecom-Support-Mitarbeiter oder den Amazon Kundenservice) – zumindest im First-Level-Support – großteils zu ersetzen.
Egal wie groß das Unternehmen ist, mit Chatbots können Reservierungen bestätigt, Bestellbestätigungen versandt, Wetterinformationen geteilt, Zahlungsinformationen weitergegeben, Statusinformationen abgefragt oder Rücksendungen bearbeitet werden. Das Nutzererlebnis (Customer Experience) wird dabei personalisiert und von der Möglichkeit der Interaktion geprägt sein.
Diese Chat-Bots können von Facebook-Entwicklern selbst personalisiert werden. Facebook beschreibt die Möglichkeiten für Entwickler wie folgt:
- Send/Receive API. This new capability includes the ability to send and receive text, images, and rich bubbles with CTAs.
- Generic Message Templates. We think people prefer to tap buttons and see beautiful images, rather than learn a new programming language to interact with your bot. That’s why we’ve built structured messages with call to actions, horizontal scroll, urls, and postbacks.
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Welcome screen + Null state CTAs. Our first principle was giving developers space to own the experience. Think of the message thread as your app. We’re giving you the real estate and the tools to customize your experience. This starts with the welcome screen. People discover our featured bots and enter the conversation. Then, they see your brand, your Messenger greeting, and a call to action to “Get Started”.
Derzeit funktionieren diese Chatbots noch nicht optimal. Fragen werden oft nicht bzw. falsch verstanden und die Antworten wirken hölzern oder unpersönlich. Doch die Vielzahl an Daten (Big Data) und selbstlernenden Algorithmen schaffen es die Qualität dieser Chatbots exponentiell zu verbessern.
Facebook Messenger ersetzt das mobile Internet, Apps, SMS, Anrufe und Videocalls
Das Ziel von Facebook ist es andere Kanäle zu ersetzen. Das ist in naher Zukunft nicht realistisch aber der Facebook Messenger wird die Social Media Welt noch weiter fragmentieren und als komplementärer Kanal essentielle Wichtigkeit bekommen. Im Bereich Kundenservice soll Twitter verdrängt werden, während die Market-Entry von WeChat und anderne Playern in Europa und den USA verhindert werden soll. Als Sammelplattform von Dienstleistungen, die vorher über eigene Apps oder Webseiten erledigt werden konnten kann Facebook aber eine Vielzahl an neuer Daten sammeln und diese monetarisieren.
Nutzungsmöglichkeiten im Marketing
Während einige Unternehmen den Facebook Messenger für E-Commerce nutzen möchten, schielen andere auf die Möglichkeiten eines vereinfachten Kundenservices. Die meisten Marketer sehen aber das große Potential darin neue Kunden zu aquirieren und das Engagement mit den eigenen Inhalten und der eigenen Marke zu erhöhen.
Facebook wird die Möglichkeit bieten Werbemitteilungen über den Messenger zu versenden, doch diese sollen – zumindest Anfangs – nur an jene Kunden geschickt werden, die bereits mit dem Brand über Facebook-Messenger interagiert haben. Damit soll sichergestellt werden, das der Nutzer kein negatives SPAM-Erlebnis erlebt – sondern einen Mehrwert erkennt. Besonders in der Kombination mit Werables – z.B. Smartwatches oder Fitnesstracker – gibt es hier einiges an Potential bezüglich personalisierter Mitteilungen. Anfangs werden 33 amerikanische Großunternehmen an der Pilotphase des neuen Messenger-Konzeptes mitarbeiten und Erfahrungen sammeln, darunter sind Bank of America, Burger King, CNN, Expedia, Fandango, LivePerson, Salesforce, Shopify, StubHub, Thrillist und UNICEF.
Ich halte euch auf dem Laufenden wie diese Pilotphase läuft und welche Unternehmen sich mit besonders positiven Nutzererlebnissen hervorheben können! Wie wir Facebook kennen wird es spätestens in einigen Monaten die Möglichkeiten geben die Facebook-Messenger-Marketingmöglichkeiten selbst zu testen und eigene Konzepte zu entwickeln!
Quellen:
https://developers.facebook.com/products/messenger
https://newsroom.fb.com/news/2016/04/messenger-platform-at-f8/
http://techcrunch.com/2016/04/27/facediction/
https://www.techinasia.com/how-wechat-is-really-used-in-china